25.04.2020

virus harmlos oder schrecklich? quarantäne ja oder nein? werde ich gekündigt? wie fatal ist die krise? und für wen? klopapier kaufen oder nicht? reisen oder bleiben wo man ist? geht die bundesliga weiter? olympische spiele, tour de france, fußball EM verschieben? lassen wir mal alle wichtigen und vor allem die ganz, ganz vielen unwichten fragen die uns die letzten tage und wochen beschäftigt haben mal kurz ruhen und einfach so im raum stehen. denn ich möchte mich heute einer erkenntnis widmen. einer tatsache der ich mir gestern so richtig bewusst wurde. vermutet habe ich es schon länger. vielleicht aber nicht so recht wahr haben wollen. wie auch immer. wir haben uns verwandelt in DIE GESELLSCHAFT DER NUMMERN.

3.000 passagiere zurück geholt nach österreich. 46.000 arbeitslose mehr seit gestern. 800 neue tote in italien (wobei die bezeichnung "neue" tote eigentlich ziemlich dumm ist). 20.000 neuinfektionen weltweit. und so weiter und so weiter. zahlen und nummern werden uns um die ohren geschmissen tag für tag. zahlen und nummern. dabei sind es doch eigentlich menschen von denen wir hier reden. aber wir haben uns daran gewöhnt. wir nehmen es einfach hin. leider vergessen wir dabei, dass wir selbst auch nicht mehr sind als zahlen und nummern. nicht für uns persönlich. für firmen und organisationen allerdings schon. denn die schicken dann so schöne nachrichten wie:

Sehr geehrter Herr/Frau Buchungsnummer 0815

Aufgrund der wiederholten Missachtung unserer Aufforderung die Heimreise anzutreten müssen wir Sie darüber informieren, dass .......... bla, bla, bla,bla.

wer genau herr und frau buchungsnummer sind interessiert keinen in einer konzernzentrale. auch nicht die umstände in denen sich herr und frau buchungsnummer gerade befinden. ob herr und frau buchungsnummer überhaupt transportfähig sind? wo genau sich herr und frau buchungsnummer gerade befinden? oder wie viel geld herr und frau buchungsnummer dem konzern schon in den rachen geschmissen haben. nein, das interessiert keinen. rechtlich abgesichert müssen wir sein in den firmenzentralen dieser welt. den eigenen arsch müssen wir retten in den firmenzentralen dieser welt. einen finden dem wir die schuld geben können und an den wir die verantwortung abtreten. einen beauftragen der die kündigungen ausspricht und an die mitarbeiter persönlich weiter gibt. berichte müssen wir einfordern um diese an den vorstand weiter zu geben. berichte mit zahlen und nummern. aber am besten per e-mail und what´s app, denn dann muss man nicht persönlich mit den leuten sprechen. das macht es viel einfacher und vor allem unpersönlicher für die mitarbeiter in den zentralen der firmen.

doch obwohl ich mich in den letzten tagen zu hauf mit solchen schlichten anordnungen, sinnlosen anweisungen, dummen wordings, falschen informationen und unpersönlichen aufforderungen umgeben durfte gibt es noch hoffnung. und zwar in form von personen für die mitarbeiter, gäste und kunden keine nummern sind. für die sind es menschen. und von mensch zu mensch wurden bei jeder einzelnen kündigung tränen vergossen. bei jeder neuen hiobsbotschaft gemeinsam getrauert. und trotzdem weitergemacht. bis zur letzten stunde wurde jeder gast und kunde betreut und umsorgt. bis der letzte mitarbeiter in den letzten bus einstieg und seinen arbeitsplatz verlassen musste wurde gekämpft, gearbeitet, sich mut zugesprochen und von mensch zu mensch gehandelt, agiert und reagiert so gut es jedem möglich war. damit so etwas möglich ist braucht es aber menschen und keine nummern. und wenn dann eine e-mail aus einer firmenzentrale kommt in der steht: "wir schaffen das gemeinsam!", muss ich einfach sagen nein! nicht wir schaffen das mit euch zentralmarionetten. wir schaffen das trotz abgesicherten marionetten. wir die nummern schaffen das. und wir die nummern werden Herr und Frau Buchungsnummer 0815 versorgen und mit ihnen eine lösung finden. vor allem weil Herr und Frau Buchungsnummer 0815 für uns nicht so heißen. für uns sind das Otto und Elke. und genau das gibt mir hoffnung. diese menschen die mit persönlicher stärke, courage, voller emotionen und hingabe für und vor allem mit menschen arbeiten und nicht mit nummern.

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© Paul Brabec